Urheberrecht

Grenzen der Abmahnung im Urheberrecht durch Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken

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Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken sieht in der mit seiner Verkündung verabschiedeten Ausgestaltung auch umfassende Änderungen für urheberrechtliche Rechtsangelegenheiten vor. So hat das Bundesministerium für Justiz der Bundesrepublik Deutschland in einer Presseerklärung vom 27.06.2013 verkündet, dass der vorliegende Entwurf des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken einen „großen Schritt“ unternehme, um vor allem die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch der Kleingewerbetreibenden zu stärken.

Im Hinblick auf das Urheberrecht trägt das Gesetz einer Rechtsentwicklung Rechnung, mittels der Geschäftsmodellen entgegen getreten werden soll, bei welchen das Aussprechen von Massenabmahnungen gegenüber Internetnutzern wegen vermeintlicher Urheberrechtsverstöße aus gewinnstreberischen Intentionen verfolgt wird.

Bis zuletzt sah das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken unter Artikel  9 vor, dass § 97a des Urheberrechtsgesetztes (UrhG) dahingehend geändert wird, dass auf die Abmahnung § 174 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anzuwenden sei. § 174 BGB besagt, dass  ein einseitiges Rechtsgeschäft, welches durch einen  Rechtsanwalt oder einen anderen Bevollmächtigten wahrgenommen wird,  dann unwirksam ist, wenn keine entsprechende Vollmachtsurkunde vorgelegt wird, soweit das Rechtsgeschäft aufgrund der fehlenden Vollmacht unverzüglich zurückgewiesen wird.  Dies würde eine wesentliche Neuerung im Urheberrecht darstellen. Denn der Bundesgerichtshof hatte erst jüngst in seinem Urteil vom 19.05.2010 zum Aktenzeichen I ZR 140/08 (in einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen) entschieden, dass § 174 BGB dann keine Anwendung findet, wenn eine Abmahnung mit einem Angebot zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages verbunden sei. Da in der Praxis praktisch jeder Abmahnung ein Muster einer vorgefertigten Unterlassungserklärung beigefügt wird und sich die Grundsätze der BGH Entscheidung auf das Urheberrecht übertragen lassen, wurde in einer Vielzahl von Abmahnfällen die Vorlage einer Vollmacht unter dem Hinweis, dass dies nicht erforderlich sei, zurückgewiesen. Insoweit träfe das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken eine bedeutende Änderung, die dem Abgemahnten die Überprüfung der Legitimierung der mit der Abmahnung betrauten Rechtsanwälte eröffnet. Nunmehr ist allerdings klar, dass die Anwendung des § 174 BGB gestrichen wurde. Das Erfordernis zur Vorlage einer Originalvollmacht bei urheberrechtlichen Abmahnungen besteht damit nicht.

Des Weiteren wird auch § 97a Abs. 2 UrhG weitreichend verändert. Hieß es in der Norm bisher lediglich, dass der Ersatz erforderlicher Aufwendungen bei einer erstmaligen Abmahnung für die Inanspruchnahme einer anwaltlichen Dienstleistung in einfach gelagerten Fällen und bei einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100,00 Euro beschränkt ist, so spiegelt die mit der Verabschiedung des Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vorgenommene Änderung des § 97a Abs. 2 UrhG und die Neueinführung der Absätze 3 und 4 deutlich konkreter den eigentlichen Willen des Gesetzgebers wider. Der § 97a Abs. 2 UrhG sieht daher ab Inkrafttreten des Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vor, dass eine ausgesprochene Abmahnung in klarer und verständlicher Weise, den Namen oder die Firma des vermeintlich Verletzten, wenn nicht der Verletze selbst die Abmahnung ausspricht, angeben, die genaue Bezeichnung der Rechtsverletzung enthalten und eine Aufschlüsselung der mit der Abmahnung geltend gemachten Zahlungsansprüche nach Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüchen erfolgen muss. Ferner muss für den Fall das der Abmahnung eine Unterlassungserklärungsvorschlag beigefügt ist, darüber aufklären, in wie weit dieser Vorschlag einer Unterlassungserklärung über die in der Abmahnung aufgeführte Rechtsverletzung hinausgeht. Sofern eine Abmahnung diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist ebenso wie eine aufgrund einer solchen Abmahnung abgegebene Unterlassungserklärung unwirksam.

Darüber hinaus regelt der neu eingefügte § 97a Abs. 3 UrhG ab Inkrafttreten des Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, dass soweit eine Abmahnung berechtigt ist und diese Abmahnungen alle Voraussetzungen des § 97a Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 4 UrhG erfüllt, Aufwendungsersatz unter entsprechender Anwendung des § 49 Gerichtskostengesetz (GKG) verlangt werden kann. Dieser – ebenfalls mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken geänderte – § 49 GKG sieht unter Absatz 1 vor, dass in Urheberrechtsstreitsachen der Streitwert für einen Unterlassungs- oder (nach Absatz 2 auch „und“) Beseitigungsanspruch 1.000 Euro beträgt, sofern der Beklage eine natürliche Person ist und die Rechtsverletzungshandlung nicht für seine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet und nicht bereits zuvor wegen eines Anspruches des Klägers durch Vertrag, einstweilige Verfügung oder aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zur Unterlassung verpflichtet ist. Die Begrenzung des Gegenstandswertes auf 1.000 Euro wird jedoch dadurch eingeschränkt, dass ausweislich § 49 Abs. 1 GKG eine Abweichung von dem Wert erfolgen kann, wenn nach den besonderen Umständen des Einzelfalls dieser Wert unbillig erscheint. Zudem ist herauszustellen, dass der Gesetzgeber zwischen gerichtlichem und außergerichtlichen Verfahren eine strikte Trennung vorsieht. Die führt dazu, dass bei urheberrechtlichen gerichtlichen Auseinandersetzungen der Streitwert sich nach den Maßgaben des § 3 ZPO bestimmt, der eine Wertfestsetzung nach freiem Ermessen beinhaltet.

Des Weiteren sieht der neue § 97a Abs. 4 UrhG vor, dass mit dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken auch der unberechtigt oder unwirksam Abgemahnte Ersatz der ihm für seine Rechtsverteidigung entstandenen Aufwendungen verlangen kann. Somit kann – erstmals normiert – auch der Empfänger einer Abmahnung nach erfolgreicher Rechtsverteidigung seine ihm entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gegenüber dem Abmahner, der unberechtigt oder unwirksam abgemahnt hat, einfordern.

Schließlich sollen ausweislich der Presseerklärung des Bundesministeriums für Justiz der Bundesrepublik Deutschland urheberrechtliche Klagen gegen Verbraucher wegen Rechtsverletzungshandlungen im Internet nur noch am Wohnort des Verbrauchers anhängig gemacht werden können. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der so genannte „fliegende Gerichtsstand“ in urheberrechtlichen Angelegenheiten, sofern der Abgemahnte Verbraucher im Sinne des BGB ist, nicht mehr existiert. Dies regelt § 104a Abs. 1 UrhG n.F. Werden die Schutzgegenstände jedoch für gewerbliche oder selbstständige berufliche Zwecke genutzt, wird der fliegende Gerichtsstand weiterhin anzuwenden sein.

Auch wenn im Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken noch offene Kritikpunkte bestehen, die von abgemahnten Verbrauchern in der Vergangenheit gerügt wurden und es an einigen Stellen einen Auslegungsbedarf aufweist, so trägt es dennoch unweigerlich zur Stärkung der Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher bei.

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