Autoschaden durch Dachlawine – Ratgeber für Betroffene Vertragsrecht

Autoschaden durch Dachlawine – Ratgeber für Betroffene

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Vergangenen Sonntag (den 10.12.2017) zeigte sich der Winter in OWL erstmalig von seiner schönen Seite. Die gefallenen Mengen an Schnee lassen die Welt in eine schöne Winterlandschaft verwandeln. Doch der kristallisierte Niederschlag bringt auch Gefahren mit sich. Neben den zahlreichen Unfällen im Straßenverkehr finden sich auch am Wegesrand Schadenspotentiale. Auf Hausdächern mit einer guten Isolation kann sich zentnerweise Schnee sammeln. Bei Eis und Tauwetter können sich Dachlawinen lösen, die durchaus ein Gewicht von über 100 Kilogramm erreichen. Wenn diese Last über mehrere Stockwerke auf einen PKW fällt, kann dies erhebliche Schäden verursachen. Sehr zum Ärger für den Inhaber des betroffenen Autos, der sich unweigerlich die Frage stellt: Wer kommt für die Schäden auf?

Nicht immer lässt sich die Frage nach der Haftung bei einer sich auf dem Auto entladenden Dachlawine sofort „aus dem Stehgreif heraus“ beantworten. Es gibt allerdings bereits einige gerichtliche Entscheidungen zu verschiedenartigen Schadens- und Haftungskonstellationen, in denen Autos durch Dachlawinen beschädigt wurden. Nahe liegt eine Haftung des Hauseigentümers oder des Mieters, daher soll im Folgenden auf diese Haftungskonstellation eingegangen werden. Dabei ist die Frage nach dem Einstandspflichtigen auch stets eine Frage nach einstandspflichtigen Versicherungsträgern. Bei Schäden drch Dachlawinen können private Haftpflichtversicherungen, Haus- und Grundbesitzhaftpflichtversicherungen oder Kaskoversicherungen in Regulierungsverhandlungen einbezogen werden.

Hauseigentümershaftung bei Autoschaden durch Dachlawine

Ob der Hauseigentümer bzw. Vermieter für den entstandenen Schaden an einem Auto durch eine Dachlawine aufkommen muss, hängt davon ab, ob er seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Denn jeder, der eine Immobilie erwirbt, erlangt nicht nur Rechte an dieser Immobilie, sondern muss auch die damit einhergehenden Pflichten, wie zum Beispiel die Verkehrssicherungspflichten, übernehmen. Dies ergibt sich aus dem Grundgesetz – konkret aus Art. 14 Abs. 2 GG, nach dem „Eigentum verpflichtet“.

Verkehrssicherungspflicht – was ist das?

Als Verkehrssicherungspflicht bezeichnet man die Pflicht, bei der derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder aufrechterhält, alle zumutbaren Maßnahmen treffen muss, um diese Gefahr so gering wie möglich zu halten und Schäden vorzubeugen.
Das bekannteste Beispiel für die Verkehrssicherungspflicht ist wohl die Räumpflicht von angrenzenden Gehwegen im Winter. Hierbei ist der Hauseigentümer dazu verpflichtet, durch das Streuen oder Räumen der Gehwege etwaige Schäden zu verhindern oder Verletzungen von Passanten vorzubeugen. Kommt der Hauseigentümer dieser Pflicht nicht nach, so kann der Geschädigte gemäß § 823 BGB Schadensersatzansprüche gegen diesen geltend machen. So verhält es sich auch bei Dachlawinen. Auch hier ist der Hauseigentümer dazu verpflichtet, alle möglichen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, damit die Autos, die unmittelbar unter dem Dach abgestellt werden, nicht durch Lawinen beschädigt werden können. Auch hier kann der Verkehrssicherungspflichtige im Schadensfalle für den entstandenen Schaden in Anspruch genommen werden, soweit den Autobesitzer kein Mitverschulden trifft. Doch keine Regel ohne Ausnahme…

Haftung des Mieters für Dachlawinenschaden

Grundsätzlich muss der Hauseigentümer alle notwendigen und zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen treffen. Dies gilt generell auch für vermietete Immobilien. Allerdings kann der Hauseigentümer seine Verkehrssicherungspflicht auf die Mieter der Immobilie übertragen, indem er dies wirksam in den Mietvertrag aufnimmt.

Mietvertrag kann Haftung für Dachlawinen bedingen

Ein entsprechender Mietvertrag muss dezidiert regeln, dass der Mieter die dem Hauseigentümer obliegenden Verkehrssicherungspflichten übernehmen muss. Dies ist häufig in Mietverträgen anzutreffen, in denen ein Haus oder eine Doppelhaushälfte vermietet wird. Dies macht auch Sinn, denn bei Hausmietverträgen hat der Mieter regelmäßig die alleinige Sachherrschaft über das Mietobjekt.
Aber auch im Falle einer Übertragung der Verkehrssicherungspflicht, muss der Hauseigentümer für gewöhnlich in regelmäßigen Abständen seiner Überwachungs- und Kontrollpflicht nachgehen. Das heißt, dass er in regelmäßigen Abständen überprüfen muss, dass von seiner Immobilie keine Gefahr ausgeht und insoweit den Mieter auf Einhaltung der ihm übertragenen Pflichten zu kontrollieren hat.

Gegen wen sollte der Auto Halter beim Lawinenschaden vorgehen?

Nach den bisherigen Schilderungen empfiehlt es sich also für den geschädigten Autoinhaber sich zunächst außergerichtlich an den Hauseigentümer bzw. Vermieter zu wenden. Am einfachsten lassen sich Name und Anschrift des Vermieters im Dialog mit dem Mieter und/oder den Nachbarn in Erfahrung bringen.

Hauseigentümer in Erfahrung bringen

Ansonsten kann auch der Weg über das Grundbuchamt gesucht werden. nach § 12 GBO ist demjenigen die Grundbucheinsicht zu gewähren, der dem Grundbuchamt ein berechtigtes Interesse darlegen kann. In der Praxis gestaltet sich dieser Weg für Dachlawinengeschädigte nicht ganz einfach. Oftmals verwehren sich die Grundbuchämter. Daher tut der Betroffene gut daran, schon im Erstkontakt mit dem Amt sachlich und nachvollziehbar diejenigen Gründe vorzutragen, die sein Interesse an der Einsicht begründen.
Sollte sich der Eigentümer auf eine Mietklausel berufen, die eine (Mit-)Haftung des Mieters für den Lawinenschaden begründen könnte, so sollte sorgsam abgewogen werden, inwieweit weiterhin an der Inanspruchnahme des Vermieters festgehalten (und dem Mieter gegebenenfalls der Streit verkündet) wird. Zur Einschätzung der Wirksamkeit der vertraglichen Pflichtenauferlegung kommt der Kfz Halter nicht umhin, konkrete Kenntnisse vom Inhalt der betreffenden Klausel des Mietvertrags zu nehmen. Verweigert der Vermieter die Einsichtnahme in den Vertrag, so könnte unter Umständen die erneute Dialogsuche zu Mieter Erfolg versprechen. Gewährt auch dieser keine Einblicke, sollte der Vermieter in Anspruch genommen werden und über eine Streitverkündung gegenüber dem Mieter im gerichtlichen Verfahren nachgedacht werden. Es gibt aber noch eine zweite sinnvolle Strategie der Anspruchsanmeldung.

Gleichzeitige Haftung von Hauseigentümer und Mieter

Der Autohalter kann die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Soll heißen, bis die gesamte Leistung ausgeglichen ist, kann sich der Autohalter aussuchen, wen er in Anspruch nimmt. Bis zum vollständigen Ausgleich des Schadens am Kraftfahrzeug bleiben Hauseigentümer und Mieter verpflichtet. Für Schäden einer abgegangenen Dachlawine haften Mieter und Hauseigentümer gesamtschuldnerisch aus einer Verkehrssicherungspflicht, wenn der Vermieter die Erfüllung seiner Pflicht zwar auf den Mieter übertragen hat, sich aber seiner Verantwortung (zur Kontrolle der Einhaltung dieser Pflichten durch den Mieter) nicht vollständig entledigt hat.

Begründung der Haftung von Vermieter und Mieter

Dann sieht die Haftungskonstellation wie folgt aus. Der Mieter haftet aus der Übernahme der Verkehrssicherungspflicht selbst deliktsrechtlich für den Schutz derjenigen Personen, mit deren Gefährdung er üblicherweise rechnen muss (BGH, NJW-RR 1989, 394, 395). Die deliktische Einstandspflicht des Mieters besteht dabei anerkanntermaßen nicht nur gegenüber Dritten (Autoeigentümern, Passanten, Besuchern und anderen Mietern), sondern auch gegenüber dem Vermieter (BGH NJW-RR 1989, 394, 395). Der Vermieter hingegen bleibt zur Überwachung und Kontrolle des Mieters verpflichtet und haftet, soweit er dieser verbleibenenden Restpflicht nicht nachkommt (BGH, NJW-RR 1996, 655; OLG Hamm, Urteil vom 28.10.2005, 30 U 106/05).
In sehr vielen Konstellationen in der Praxis wird unter einer Hausvermietung (und einer entsprechenden Pflichten übernahme im Mietvertrag) eine gesamtschuldnerische Haftung von Mieter und Vermieter anzutreffen sein. Denn nur die wenigsten Hauseigentümer kennen und beachten ihre Kontrollpflichten.

Was muss gegen Dachlawinen getan werden?

Wenden wir uns numehr der Frage nach dem Umfang der Pflichtenkreise zu. In welchem Ausmaß die potentialen Gefahrenquellen kontrolliert und beseitigt werden müssen, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern ist von der Situation des Einzelfalls abhängig.

Wann sind Schutzmaßnahmen zu treffen?

Ein Hauseigentümer oder sein Mieter muss in besonderen Situationen oder wenn besondere Sicherungsmaßnahmen üblich sind, Dritte durch geeignete Maßnahmen vor Gefahren durch Dachlawinen schützen. Besondere Sicherungsmaßnahmen sind dann notwendig, wenn die Umstände es verlangen. Dabei kommt es im Einzelfall auf die Schneeverhältnisse, die Schneelage und die Beschaffenheit des Ortes sowie des Daches an.
Überall dort, wo die Gemeinde durch eine Satzung oder durch eine andere Vorschrift bestimmte Sicherheitsvorkehrungen, wie zum Beispiel das Anbringen von Schneegittern, vorschreibt, gelten erhöhte Sicherungspflichten. Es gelten freilich keine uneingeschränkten Pflichten zur „Rund-um-die-Uhr-Absicherung“ jeder erdenklichen potentiellen Gefahrenquelle am Haus. Es sind allein Vorkehrungen zu treffen und Gefahren zu verhindern, die durch die gewöhnliche Nutzung eintreten können und vorhersehbar sind.

Welche Schutzmaßnahmen müssen angestrengt werden?

Welche konkreten Maßnahmen der Hauseigentümer oder seine Mieter treffen müssen, ist in der Rechtsprechung umstritten. Generell ist aber zu raten, Schneegitter oder Warnschilder anzubringen, da manche Gerichte diese Maßnahmen bereits als zumutbare Maßnahmen der Verkehrssicherungspflicht ansehen. Auch das Absperren von gefährdeten Bereichen rund ums Haus, welche von einer abgeheneden Dachlawine betroffen sein könnten, kann eine angemessene Schutzmaßnahme sein. Grundstücksbenutzer müssen bei ungewöhnlich starkem Schneefall vor den Gefahren durch Dachlawinen gewarnt werden.
Für speziell für Mieter eingerichtete und unterhaltene Parkplätze besteht eine besondere Verkehrssicherungspflicht des Gebäudeeigentümers. Hier besteht die Pflicht, bei entsprechenden Witterungsbedingungen Maßnahmen zur Sicherung der dort abgestellten Fahrzeuge zu treffen (LG Detmold, Urteil vom 15.12.2010, 10 S 121/10). Da derartige Parkplätze nach der Ansicht des Gerichts nicht gesperrt werden dürfen, muss hier der Parkplatznutzer auf eine mögliche Dachlawine hingewiesen werden. Kommt es trotz solcher Sicherungsvorkehrungen zum Schaden, muss der Hauseigentümer oder Mieter regelmäßig nicht für den Schaden aufkommen (AG München, Urteil vom 11.03.2014, 274 C 32118/13). Einem Hauseigentümer oder seinen Mietern ist es jedenfalls nicht zumutbar, das Dach zu besteigen, um die Schneemassen zu entfernen. Ebenfalls ist der Einsatz von Fachkräften zur Beseitigung des Schnees auf dem Dach wirtschaftlich nicht zumutbar.

Mithaftung des Autobesitzers: Wer parkt, muss nach oben schauen

Wenn ein Autobesitzer trotz einer Warnung und ungeachtet seiner Ortskenntnisse auf einem gefährdeten Parkplatz oder unter dem Dach eines Hauses, von dem offensichtlich eine Gefahr ausgeht, parkt, muss er selbst (teilweise) für den Schaden gem. § 254 Abs. 1 BGB (mit-)haften.

Keine Pauschalhaftung des Hauseigentümers

Gerade, wenn der Geschädigte in dem Gebiet wohnt, wird ihm oftmals eine Mitschuld zugesprochen. So auch in einem Fall, mit dem sich das Landgericht Marburg befassen musste. In vorliegenden Fall parkte der Geschädigte schräg gegenüber dem Haus, in welchem er seine Wohnung unterhielt. Da er die örtlichen Gegebenheiten kannte, war es ihm zuzumuten, sein Auto an einer sicheren Stelle zu parken (LG Marburg, Urteil vom 10.11.2010, 5 O 833/10).
Selbst das Anbringen von Warnschildern erübrigt sich, wenn der Geschädigte mit den örtlichen Bedingungen vertraut ist und somit keiner zusätzlichen Warnung bedarf (Amtsgericht München, Urteil vom 11.03.2014, C 32118/13). Auch das Oberlandesgericht Hamm entschied mit seinem Urteil vom 14.08.2012 zum Aktenzeichen I 9 U 119/12, dass bei offensichtlichen Gefahren eine Warnung nicht nötig sei. Auch das Amtsgericht München lehnte die Schadensersatzforderungen einer Mieterin ab. Sie hatte ihr Auto, welches von einer Dachlawine beschädigt wurde, vor ihrer Mietwohnung geparkt. Zwar hatte der Vermieter kein Schneegitter am Dach angebracht. Allerdings wurde der Mieterin zum Verhängnis, dass ihr vom Vermieter die Verkehrssicherungspflichten wirksam durch den Mietvertrag übertragen worden sind.

Auto kaputt – was ist am Ort des Geschehens zu tun?

Aber zurück zu den Konstellationen, in denen der Hausinhaber oder der Mieter für den Schaden am Auto einzustehen haben. Hier soll nun auf den wichtigsten Aspekt eingegangen werden, nämlich die Schadensregulierungsvorbereitungen. Was muss ein Autoinhaber tun, um seinen Schaden zur Regulierung anmelden zu können. Einem Geschädigten ist zunächst anzuraten, den Schaden penibel zu dokumentieren. Fotoprotokolle vom Geschehensort erweisen sich in der Praxis als sehr zweckdienlich. Dabei sollten die Fotos neben dem Schaden am Auto sowie dem Hausdach auch die Parkstelle wiedergeben. Ein Gedächtnisprotokoll (mit Zeit, Datum und Witterung – ggf. Wetterberichte vom Geschehenstag am heimischen PC ausdrucken) verhilft ferner bei der Geltendmachung der Ansprüche.

Polizei hinzuziehen

Weiterhin ist eine „offizielle Schadensaufnahme“ durch die Polizei empfehlenswert. Viele Haftpflichtversicherungsträger verlangen vor einer Regulierung die Einsicht in polizeiliche Schadensberichte.
Überdies sind Namen und Kontaktdaten von Zeugen und Mietern bzw. Bewohnern möglichst noch am Unfalltage zu notieren. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadensereignis sollte tunlichst die eigene Kfz-Versicherung über den Schaden am Auto informiert werden. Kaskoversicherungen regulieren oftmals den Schaden einer Dachlawine ohne Verzögerung. Allerdings gilt dies regelmäßig (d.h. in Abhängigkeit vom Schadensumfang) nur für eine unterhaltene Vollkaskoversicherung.

Handlungsliste für Schäden durch Dachlawinen

Nochmals zusammengefasst sollte ein Geschädigter am Tatort sowie bei der detaillierten Protokollierung des Schadenshergangs und des Schadensumfangs am Fahrzeug auf folgendes achten:
  • Polizei kontaktieren, damit diese den Schaden aufnimmt,
  • bei Personenschäden Krankenwagen kontaktieren,
  • ADAC anrufen, wenn das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit sein solte,
  • Fotoprotokoll vom Ort des Lawinenabgangs anfertigen (aussagekräftige Fotos vom Auto, Hausdach und der Parkstelle),
  • Name und Kontaktdaten potentieller Zeugen, Mieter und Nachbarn notieren,
  • Gedächtnisprotokoll anlegen (samt Datum und Uhrzeit, Witterungseindrücken),
  • Wetterberichte vom Geschehenstag am heimischen PC ausdrucken,
  • binnen 1 Woche Kfz Versicherungsträger und/oder Versicherungsmakler schriftlich über den Schaden in Kenntnins setzen.
Wer hier zu lange wartet, läuft Gefahr auf dem Schaden sitzen zu bleiben.
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